Exhaus bleibt!
Es ist richtig Schade über was wir sprechen müssen. Es gibt Menschen in dieser Gesellschaft, die es sich zur Passion gemacht haben, sich geistig und künstlerisch zu entfalten. Um damit anderen Mitmenschen Freude und Spaß zu bereiten.

Für mich Inspiration in ihrer reinsten Form. Und dies seit Jahren unter dem Zeichen der größtmöglichen Selbstaufopferung. Fernab von dem Gedanken, jemals mit der dargestellten Kunst, Geld zu verdienen oder sich sogar das Leben damit zu finanzieren. Das klassische Prinzip der freiwilligen Selbstausbeutung zum Wohle Anderer.

Es gibt ein Leben abseits des Mainstreams, ein Leben neben dem Konsum in Reinform. Das ständige Bestreben alles zu perfektionieren und zu optimieren. Der dauerhaften Beschuss von Werbung. Früher hab ich im Fernsehen alle 25 Minuten Werbung gesehen. Bei den privaten Fernsehsendern. Weg schalten. Einmal kurz durchzappen. Hängenbleiben. Back and Forth, um endlich wieder vor der Röhre gefangen zu sein. Weitermachen. Abschalten und nicht mehr nachdenken. Auch gut. Aber auf Dauer? Nein! Wie oft sehen ich heute Werbung? Dauerbeschuss!

Überall online, damals zu Hause nur vor der Glotze.

Ich hab zu viel Zeit in meiner Jugend vor dem Fernseher verbracht. Mit dem „LilaLauneBär“, „Samson und Tiffy“, oder viel früher noch mit Addi und seiner Sendung „Machs mit, Machs nach, Machs Besser“ die im Ostfernsehen lief. Schulen sind gegeneinander angetreten auf den einfachsten Hindernissparcouren. Sackhüpfen. Mit dem Klapprad um Pfeiler. Das war eine schöne Unterhaltungssendung, die im Nachhinein betrachtet auch noch einen anderen Beigeschmack hat. DDR. Der Osten. Neubrandenburg ist nicht „Mein Rostock“. Aber der Osten ist ganz tief in mir drin. Mecklenburger Seenplatte. Wer wissen will wo das ist. Die Fusion ist da ganz in der Nähe. Mein Opa bringt einem im Urlaub das Fahrradfahren bei. Laufräder gab es noch keine. Der Opa. Werner, war Parteilehrer bei der FDJ. Ich war nur bei den Jungpionieren. „Wunderbare Jahre“. Titelmelodie von Joe Cocker. Musik.

Klar ist Joe Cocker ein sehr großer Name, aber auch dieser hat mal auf kleinen Bühne gespielt. Also stellt sich die Frage, wann man anfängt, sich für etwas zu interessieren. Für mich war das schon sehr früh die Musik. Das Boot von U96 lief im Küchenradio und ist mittlerweile in den Charts auf Platz 1. Der Radiosender hieß Elf99, der Jugendradiosender der DDR. Das Boot. Alex Christensen hat mit seinem Song auf einmal Erfolg und ist in aller Munde. Erfolg als Künstler:in hat ganz viel mit Zufall, Studium & Arbeit und dem Moment zu tun. Und auch mit der Ansicht, wie Erfolg definiert wird. Einhundert eng verbundene, tanzende Menschen im dunklen Club oder die große anonyme Festivalbühne. Das muss man wollen und jede:r für sich selber entscheiden. Ich hab früher viele Konzerte gehört und gesehen. Autofahrten nach Köln waren nie ein Problem und am nächsten Morgen sitzte ich müde in der Schule oder beim Zivildienst. Das Bett ruft. 2 Uhr. Auf nach Horizontalien! Massive Töne in der Kufa (Saarbrücken). Eins Zwo im Studio672 (Köln). Mein Vater fährt uns zu Naughty by Nature nach Kaiserslautern. Jay Z in Offenbach. Justin Timberlake im Berliner Velodrom. Die Black Eyed Peas waren Vorband und Fergie ist neu in die Band gekommen. Damit gab es die alten Black Eyed Peas nicht mehr und eine lyrisch gute Band hat von eben auf jetzt ihre Realness verloren. Zur Campus Invasion nach Gießen und dort Marius Zell kennen gelernt. Trashique. Pivo, Leipzig. Erykah Badu, backstage in Hamburg getroffen und meiner Schwester ein Autogramm mitgebracht. Mahatmahitler im Proberaum in Arnsberg. Mit Love A auf Tour gewesen und in den Bus gespeit. Bröckli 4 Life. Danse Macabre in der roten Flora gesehen und stilecht im ICE aus Berlin angereist, um danach in einem selbstverwalteten Hausprojekt zu übernachten. Eminem und seine Crew nach dem Konzert auf dem Kölner Gürtel im Burger King gesehen. Das Konzert ging nur 20 Minuten und wir waren sauer und haben trotzdem nichts gesagt. Flavour Flave von Public Enemy auf der Rialto Brücke in Venedig getroffen und kein Stift für ein Autogramm dabei gehabt. Karl Kürenz kann es bestätigen. Sehr oft Melt. Dann Haldern Pop. Mittlerweile öfter als Melt. Nachtdigital. Oft als Gast. Zuletzt Aufbau und Crew Mitglied. Festivals und Konzerte wurden kleiner. Die Zeit der Menschenmengen war vorbei. Wer in große Hallen gehen will, soll das gerne machen. Ich hab mich mittlerweile für das Kleine entschieden. Bewusst. Die direkte Intimität zu den Künstler:innen ist und bleibt das Beste. Ich bin froh dass es genau diese Künstlerinnen und Künstler gibt ... die, denen man so nah sein kann. Und ich bin froh um jeden Ort, der mir genau dieses Verlangen erfüllt.

Wieviele Plakate habe ich schon in dieser Stadt gesehen und die Dates gelesen? Berlin, Hamburg, Köln, München, Trier. (Abweichungen möglich). Diese Plakate hingen nicht nur in Trier, sondern auch in Berlin, Hamburg, Köln und München. Überall war Trier auf Plakaten vertreten. Sehr oft wegen dem Exhaus. Lokale Konzertveranstalter trugen immer wieder den Namen dieser Stadt nach aussen und hier wurde über Jahrzehnte freiwillig und ohne es je zu hinterfragen für den Standort Trier Werbung gemacht. Sehr oft wegen dem Exhaus.

Ich fordere die Wiederaufnahme eines *gemeinsamen Konsens* aller demokratischen Parteien im Stadtrat, dass die Förderung subkultureller Arbeit im Anschluss an die Jugend- und Kulturarbeit gleichwertig, zu allen anderen bestehenden geförderten Kulturinstitution in Trier, zu bewerten ist. Unsere Arbeit muss in meinen Augen den gleichen Stellenwert genießen wie die Arbeit des Stadttheaters oder der Tuchfabrik. Die Arbeit im Jugend-, Kultur- und Kreativbereich ist notwendiger denn je und darf nicht damit abgetan werden, dass hier ein Bild vorherrscht, man hätte es nur mit nicht-systemkonformen Personen zu tun. An Orten wie dem Exhaus wurden über Jahrzehnte Werte wie Solidarität, Miteinander, Entfaltung und Nächstenliebe gelebt ohne sie zu predigen.

Es gab ebenfalls einen gemeinsamen Konsens in der Gemeinschaft des Exhauses.

Gemeinschaften brauchen Orte um sich zusammenzufinden und um sich zusammen zu finden und ich kann diesen ständigen Raummangel in dieser Stadt nicht mehr hin nehmen. Immer mehr Orte und Mitspieler verschwinden von der Trierer Idealbank und die Stadt wird mehr und mehr zu seinem eigenen Fetzenreich. Viele Orte vereinsamen und stehen leer. Die gewünschten Mieten kann sich niemand mit Ideen und Potenzial leisten. Auf Grund des ständigen Drangs nach Wohnraum und Verdichtung. Massivster Leerstand auf der einen Seite und der ständige Aufschrei nach Wohnungen auf der anderen erklärt sich mir nicht. Das Problem der privaten Immobilie. Rentabilität und Abschreibung.

Abschreibung.

Eine Stadt, die sich mit einem eigenen Modepreis schmückt und zeitgleich eine Zweitwohnsitzsteuer einführt um mit Hilfe Studierender den Status einer Großstadt zu erhalten, muss auch handeln wie eine Großstadt. In einer Stadt mit über 100.000 Einwohner:innen, müssen Plätze – in denen man frei denken und handeln kann – zur Verfügung gestellt werden. In Städten müssen immer Räume für subkulturelle Ideen und Zentren vorhanden sein. Orte der Zusammenkunft und der Inspiration. Der Freiheit.

Ich fordere die Unterstützung seitens des Stadtrates für die Umsetzung eines neuen selbstverwalteten Jugend- und Kulturzentrums im Herzen Triers. Es wurden Zugeständnisse und Beschlüsse seitens der Stadt getätigt, dem noch existierenden Exhaus Verein einen neuen Ort der Zusammenkunft zu geben. Diese Pläne dürfen nicht verworfen werden.

Diese Stadt braucht ganz dringend Orte wie das ehemalige Exhaus in aller seiner Schönheit. In all Ihrer Schönheit. Die letzen Wochen am Schiessgraben haben sich ein klein wenig wie Exhaus angefühlt. Für mich lag sowas in der Luft. Als erstes die ganzen vertrauten Gesichter. Viele Kinder. Eltern. Gäste. Touristen. Menschen, die sich bewusst dazu entscheiden, in Trier zu wohnen.

Der Schießgraben - Der Spielplatz

Die Villa. Ein Schotterplatz, die alte Stadtmauer und die großen Bäume. Das Rohe und etwas Angeschlagene, was mich immer wieder fasziniert und dorthin zurück zieht. Viele von uns stehen nicht auf die glatten, weißen Kanten und rechten Winkel, die mittlerweile unser tägliches Stadtbild so prägen. Wir brauchen das Ungerade und nicht fertige. Die Idee.
Als damals die Zusage kam, dass das Exhaus zur Zwischenmiete in den Schießgraben zieht, meinte ich: „Geil! Die Eltern kommen zurück zu den Kindern.“

Geben Sie uns weiterhin diese Chance!
Zusammen.
Den Kindern und den Eltern.
Den Großmüttern und Großvätern.
Den Tanten und Onkeln.
Uns!

Das Exzellenzhaus - Die Trierer Schule

Nein! Wir dürfen keinen Millimeter von unseren Forderungen abweichen. Wenn gesagt wird: „Exhaus bleibt!“ Dann meinen wir das so. Wir alle aus unserem tiefsten Innersten. Hier geht es um so viel mehr. Dieser Ort, da hinten an der Zurmaiener Straße ist Magie. Ich kann verstehen, dass viele Generationen vor uns sich Menschen zusammenfanden um dieses Haus zu besetzen. Den Verein Exhaus wird es 48 Jahren geben. Das Exhaus gibt es schon länger. Hier sollte akribische Archivarbeit geleistet werden um die komplette Geschichte des Exhauses aufzuarbeiten.

Ich fordere alle dazu auf, die eigenen Archive zu durchforsten. Geschichten aufzuschreiben. Bekannte und Freunde zu fragen und anfangen zu suchen. Das sind wir alle dem Exhaus schuldig. So wie das Exhaus über Jahre uns und so vielen Künstler:innen aus aller Welt, eine Bühne gegeben hat. Müssen wir alle dem Exhaus unsere eigene Bühne jetzt zur Verfügung stellen. Das funktioniert über die verschiedensten Kanäle und Medien. Zusammen. Alleine. Digital. Analog. Online. Offline. Mono. Stereo. Texte. Zeitungsartikel. Bilder. Plakate. Tonaufnahmen. Videos. Dieser Ort braucht einen Platz bei allen von uns. Hier muss noch viel passieren. Aber wir sollten langsam damit anfangen, dem Exhaus – so wie wir es kannten – die Ehre zurück zu geben, dass es verdient.

Aber mit einer Aufarbeitung des damaligen Exhaus darf es noch nicht zu Ende sein. Wir müssen uns weiterhin aktiv dafür einsetzen, dass auch in Zukunft an der Zurmaiener Straße das Exhaus einen Platz findet. Von diesen Plänen dürfen wir nicht abweichen. Das Gebäude in seinem jetzigen Zustand: entkernt und blank wird einen gewissen Charme verlieren. Diese Tatsache muss uns allen bewusst sein. Wir müssen uns jetzt hinsetzen und überlegen, wie wir den kernsanierten Räumen neues Leben auf unsere Weise einhauchen können. Ganz im Sinne dessen, was für uns das Exhaus immer ausgemacht hat und ausmachen wird.

Die Renovierungsarbeiten am Standort Zurmaiener Straße müssen so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden. Für das Exzellenzhaus. Für die Trierer Schule.

Wir müssen anfangen uns gegenseitig zu besuchen und lernen uns zu verstehen. Lasst uns an einen Tisch setzen.

Offen, ehrlich und auf Augenhöhe und miteinander reden.

Wir brauchen Euch aber Ihr braucht auch Uns.