Das Exhaus stirbt!
Trier. Wir schreiben den 21. September 2020. Eine Institution stirbt. Die letzten lebenserhaltenen Massnahmen werden von aussenstehenden Finanzärzten abgeschaltet. Der Herzschlag verstummt.

Exhaus. Für viele ist dieses Wort mehr als nur ein Ort im Norden Triers. Über die letzten 50 Jahre wurde in den Räumen wichtige soziale und kulturelle Arbeit geleistet. Für Kinder und Jugendliche aus den direkt umliegenden Strassen. Für die Bewohner Triers. Für Bands, Musikinteressierte und Begeisterte aus dem ganzen Umland. Für die musikalische Szene in Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Für Künstler:innen aus der ganzen Welt.

Das Exhaus ist ein Ort in unserer Herzen, der unter allen Umständen erhalten werden muss. Wenn es nicht an der Zumaiener Strasse ist, müssen hierfür neue Orte und Strukturen gefunden werden. Verschlossene Türen müssen sich wieder öffnen und es muss zusammen an neuen Konzepten gearbeitet werden.

Jeder Teil des Exhauses muss aufgefangen werden!

Sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung Trier. Versteht bitte endlich, dass es sich hier nicht nur um ein sanierungsbedürftiges Gebäude handelt. Wenn das Exhaus fällt, verliert diese Stadt wieder einmal einen sehr wichtigen Baustein in der subkulturellen Szene. Wieder werden kreative Menschen diese Stadt verlassen, weil sie sich hier nicht repräsentiert fühlen. Das grösste Jugend- und Kulturzentrum im Umkreis von 100 Kilometern schließt für immer seine Pforten.

Warum? Weil es die Zahlen jetzt gerade sagen. Woher kommen diese Zahlen? Ein Verein der jahrzehntelang gut gewirtschaftet hat. Die Zuschauerzahlen wurde im Zuge neuer Sicherheitsbestimmungen massivst begrenzt. Lösungen wurden erarbeitet, um in weiter Zukunft den Betrieb regulär wieder aufnehmen zu können. Sanierungen begannen zu spät und aus anfänglich kleinen Baustellen entstanden riesige Ruinen, die jetzt nicht mehr haltbar sind. Einnahmequellen versiegen! Viren breiten sich aus. Der Lebensmut und der Zusammenhalt in der Szene bleibt weiterhin bestehen. Für Viren wird es irgendwann Impfstoffe geben.

Ein finanzieller Impfstoff wird aber dieser 50 jährigen Perle verwehrt. Es lohnt sich nicht mehr! Wer entscheidet heutzutage was sich lohnt und was nicht? Werden an dieser Stelle überhaupt die richtigen Fragen gestellt oder ist das vielleicht gar nicht gewünscht?

In den letzten Jahren hat diese Stadt immer wieder gezeigt, wie sie mit den Thema der subkulturellen Szene umgeht und diese links liegen lässt. Die Innenstadt ist sauber und geleckt. Vor Jahren gab es Beschlüsse, dass Plakate aus dem Trierer Stadtbild verschwinden sollen. Die auswärtigen Besucher von Weihnachtsmarkt und co sollen eine schöne und saubere Stadt vorfinden, die nur noch an den Erhalt der erwürdigen Römischen Hochkultur denkt. Subkultur interessiert hier keinen in den oberen Reihen.

Ich hab viele Freunde aus dieser Stadt wegziehen sehen. Zu viele! Wenn das Exhaus schließt, werden wieder Freunde gehen. Menschen werden flüchten, weil das Angebot schwindet. Ich selber bin in einer ostdeutschen „Großstadt” aufgewachsen und nach der Öffnung der Mauer sind viele in den Westen geflohen. Das grosse Thema waren die Arbeitsplätze. Perspektiven gingen verloren. Stadtflucht. Von 100.00 auf 70.000. Neubrandenburg. Das wird Trier so nicht passieren aber man sollte und muss auch sich fragen, warum alle immer in die heiß ersehnte Großstadt ziehen wollen. Urbane Attraktivität geht somit für uns in der Provinz verloren. Trier verkommt immer mehr zu einer süßen Altstadt mit schönen Fotomotiven. Trier, die Großstadt die sich vom Pulsschlag her wie ein Dorf anfühlt. Die perfekte Hülle für die Aussenwelt ist gewahrt aber die Seele schwindet immer mehr.

Alle reden immer von diesem Berlin und Leipzig aber auch dort werden Parolen laut wie zum Beispiel „Connewitz muss dreckig bleiben“. Trier auch! Wir müssen uns die Hände schmutzig machen. Wir müssen Uns schmutzig machen. Von Aussen. Von Innen. Dreck reinigt den Magen. Meine virtuelle Timeline ist voll mit Exfreund:innen-Bannern aber wir alle bewegen uns in der gleichen Blase. Virtueller Support reicht an diesem Punkt nicht mehr aus. Diese Art von Widerstand tut nicht weh. Wir können uns weiterhin auf der Couch ausruhen und dabei besser fühlen aber das ist zu wenig.

Das Exhaus braucht jede Hilfe! Nehmt Stift und Papier. Malt Transparente. Geht raus. Schmückt Wände. Zeigt dieser Stadt was ihr davon haltet. Das Exhaus darf niemals aus Trier verschwinden!

Heute wird vor dem Rathaus demonstriert. Das ist ein erster wichtiger Schritt und es müssen in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten noch viele weitere Schritte folgen. Immer mit dem Ziel, dass das Exhaus ein Teil der kulturellen Institutionen in Trier bleibt! Wie? Das muss ausgehandelt werden aber wir dürfen uns nicht mit dem jetzigen Stand abgeben.

Trier. Wir schreiben den 22. September 2020.
Das Exhaus wurde fallen gelassen. Das kleine a hatte gestern Geburtstag und meine Katze verschwindet. Trauer und Wut geben sich die Hand.

Exhaus bleibt.
Demonstration vor dem Rathaus Trier.
16:30 - 22:00