Es gibt Wiederholungen, welche Freude bereiten. Rhythmisch und oft um ein vielfaches der Zahl vier. Und es gibt Wiederholungen und Schleifen, die einen ins Stocken geraten lassen. Nicht rhythmisch. Nicht synchron. Und es gibt Dauerschleifen, bei denen die Welt ganz gespannt nach Punxsutawney schaut und leise im Kopf den Song „I got you babe!“ mitsummmt. It’s Groundhog Day. Und täglich grüßt das Murmeltier.
Ich möchte an dieser Stelle wohlwollend, die letzen Worte meiner Rede vom sechsten Oktober 2020 vor dem Rathaus aufgreifen.
Zitat Beginn.
Wir müssen anfangen uns gegenseitig zu besuchen und lernen uns zu verstehen. Lasst uns an einen Tisch setzen. Offen, ehrlich und auf Augenhöhe miteinander reden. Wir brauchen Euch aber Ihr braucht auch Uns.
Zitat Ende
Was in den letzten 6 Monaten in dieser Stadt vor sich gegangen ist, ist in meinen Augen einzigartig. Ich bin froh und gleichzeitig nicht froh, hier heute sitzen zu dürfen oder zu müssen.
Ich bin froh darüber, dass eine sehr große Gruppe an Menschen - Uns. Schon fast blind - dieses reisige Vertrauen ausspricht. Jung. Alt. Kids und Rentner. Vereint. Arbeiter:innen. Unternehmer:innen. Akademiker:innen. Musiker:innen. Künstler:innen. Politiker:innen. Erzieher:innen. Lehrer:innen sowie Professor:innen.
Diese Liste ist wie immer beliebig erweiterbar, sei es nun durch Austauschen der Attribute oder der Merkmale. Aber sie zeigt Eines auf. Eine Nähe zu sozialen Berufen. Sowie ein breiter Zuspruch aus der gesamten Trierer Gesellschaft. Ein vielfältiger Durchschnitt, fernab von einem Denken in Klassen.
Mittlerweile zählt die von Albert Fußmann initiierte Petition auf dem Portal open.petition über 2300 Ünterstützer:innen. Davon circa ein drittel aus Trier. Über 650 Kommentare, von denen wir einige bei unserer letzen Demonstration ausgestellt haben. Ein schnell wachsender Verein mit mittlerweile über 75 Mitgliedern und das Ziel bis Ende des Jahres sollte 250+ heißen.
Ein Verein mit einem Vorstand, der sich freiwillig bei der Gründung mit 6 Personen besetzt hat. Laut Gesetzt bräuchten wir drei. An dieser Stelle wurde sich bewusst dazu entschieden, mit dem festesten Stand in die Gespräche mit der Stadt zu gehen.
Unsere Entschlossenheit zur Erhaltung des Exhauses, sowie die schnelle Wiederaufnahme aller Angebote des alten Exhausvereins war und ist unser oberstes Ziel und wird es auch in Zukunft bleiben. Egal wie der Stadtrat derzeit über das weitere Verfahren entscheidet.
Ich hab gesagt, wie müssen uns kennen lernen und uns besuchen. Und das war auch genauso gemeint. Ich kann verstehen, dass es sehr große Zweifel seitens der Stadt gab und gibt. Ein alter Verein, dem noch immer nach gesagt wird, dass er sich selbst verschuldet hat. Ein neuer Verein gründet sich, ohne auch nur eine eigens erbrachte Referenz vorzeigen zu können. Ein unbeschriebenes Blatt.
Das mag sein ... aber ich hab auch gesagt, wie müssen uns kennen lernen und uns besuchen.
Liebe Stadt Trier.
Der Kulturgraben e.V. stellt sich Ihnen hiermit nochmal vor. Wir sind kompetent und stets wissbegierig. Wir sind alt und wir sind jung. Wir sind nicht unfehlbar und wir lernen und analysieren die alten Fehler. Wir präsentieren uns und öffnen uns der Trierer Gesellschaft und weit darüber hinaus.
Wir sind transparent. Wir sind angekommen. Wir sind da. Wir sind hier.
Und wir wollen genauso ernst genommen werden, wie jeder andere Träger der Jugendarbeit in Trier. Laden Sie uns ein und fragen Sie uns aus. Aber ich habe auch eine Bitte. Ich möchte keinen verschlossenen Türen mehr in dieser Stadt sehen. Ich möchte nicht mehr hören, dass wir dreist wären oder das unsere Konzepte nicht innovativ sind.
In dieser Stadt - Trier - wird sich in nächster Zeit ein neuer Träger etablieren und stabil auf eigenen Füßen stehen. Safe. In Trier wird sich in Zukunft etwas ändern.
Ich. Persönlich. Ich wünsche mir ein Zeichen aus dem Rathaus. Ein Zeichen. Ein Lichtblick. Vielleicht ein öffentliches Statement oder eine offizielle Einladung. In meinen Augen ist die Stadt Trier dieses Statement nicht nur dem Kulturgraben schuldig. Sondern genauso dem Exhaus und den Mitbürger:innen dieser Stadt.
Ich hab vor längerer Zeit probiert, meine eigene Sozialisation in Bezug auf Jugendkulturen zu analysieren. Dies sind meine Gedanken dazu.
Auf der Suche nach der Kultur der Jugend.
Warum in meinen Augen ein Ort wie das Exhaus nie sterben darf. Ich hab viel Glück aber ich habe auch viele Privilegien. Männlich, 1,86, blonde Haare, deutsch, eine gute Bildung, und so weiter und so fort. Ich hatte das Glück in den letzten 25 Jahren mehrere Arten von Jugendkulturen begleiten und erleben zu dürfen. Ohne Ängste, Anfeindungen oder Übergriffe jeglicher Art. Diese gab es für mich nicht. Fast nie. Ich durfte in meiner Blase immer alles machen. Wie identifikationsstiftend diese vielen einzelnen parallelen Stränge in Jugendkulturen wirken können, haben alle von uns selber miterleben können oder erleben diese gerade.
Eine Kultur der Jugend ist zum ersten mal durch die Beatgeneration aufgekommen, die erste große Rebellion. Schon damals war der Schock bei „alt und weiß“ so groß, dass mit Unverständnis, Gewalt und Restriktion dagegen vorgegangen wurde. Das Eingesessene, welches an diesen alten Rollenbildern und Strukturen festhält, hat sich seitdem nicht wirklich verändert. Jahrzehntelange zurückgerichtete Denkweise, vielleicht auch Jahrhundertlange haben in meinen Augen mittlerweile nichts mehr mit modernem Handeln zu tun. Die letzte Zeit hat uns allen gezeigt, an wie vielen Baustellen wir hier noch immer arbeiten müssen.
Ich selber merke, wie ich besonders beim freien Sprechen noch immer Probleme mit genderneutraler Sprache habe ... aber ich möchte dazu lernen, mich daran erinnern und somit etwas verbessern. Themen wie Feminismus, dem Außeinandersetzen mit nonbinären Geschlechtern, LGBTQ, FLINTA, Black lives Matter, Fridays for Future müssen täglich präsent und neu verhandelt werden. Der Kampf und die Kritik an Rassismus, Faschismus, Antisemitismus, Kapitalismus und vielen anderen schlimmen und nervigen Ismen ist wichtiger den jeh. Hier zeigen sich an dieser Stelle keine neuen alternativen Lebensmodelle auf, sondern sie sind ein Abbild der ganz normalen Realität. Nein. Das sind auch keine kleinen Kids, die hier auf die Strasse gehen. Etwas laut fordernd und anscheinend nervend. Nein, diese Kids repräsentieren die Jugend. Sie sind die Zukunft.
Die Zeit, in der ich unterschiedliche Jugendkulturen begleiten durfte, kann ich in drei Phasen unterteilen. Zuerst aktiv, die gegebenen Freiräume zur eigenen Entfaltung nutzen. Oft unreflektiert und mit großer Wahrscheinlichkeit auch egoistisch. Frei. Nicht immer politisch korrekt aber mit dem Verständnis der Gleichheit aller Menschen.
Es folgt die eigene Emanzipation, der Abschied von alten Gedankenmustern und die Analyse und Reflexion des eigenen alten Handelns. Interessen und Freunde ändern sich und somit auch der Inhalt der Gespräche. Auf einmal wird mehr über Gleichberechtigung gesprochen und gesellschaftliche Themen nehmen ein größeren Platz im Denken ein. Sich im eigenen Handeln immer wieder zu hinterfragen hilft in der Phase des Erwachsenwerdens. Andere nennen es Studium.
Die für mich mittlerweile interessanteste Zeit war und ist die letzte dieser drei Phasen. Sich selbst hinten anstellen und die Bühne an die Jugend abgeben. Hört sich im ersten Moment nach einem direkten Verlust an ... aber es birgt so viel mehr.
Dieses zu verstehen und nicht an alten Denkweisen und Positionen festzuhalten, neue Infrastrukturen zu schaffen und Räume zur Verfügung zu stellen, eröffnet den Jugendlichen die Möglichkeit sich auszuprobieren und zu entwickeln. Auf dieser Grundlage können sich möglicherweise auch weiterhin neue Räume für unterschiedlichste parallele Jugendkulturen entwickeln.
Welche Jugendkulturen sich in den nächsten zehn oder zwanzig Jahren entwickeln? Das kann niemand von uns voraussagen, planen oder prophezeien. Das Einzige was wir gerade machen können, ist Räumlichkeiten dafür zur Verfügung zu stellen und die heranwachsende Jugend mit offenen Armen zu empfangen.
Wir können inspirieren. Wegweiser sein und humanistische Werte vermitteln. Aber wir können und dürfen uns nie von unserer Jugend trennen. Denn sie ist alles was wir haben.
Das Exhaus lebt mehr denn je und ich hab schon in der ein oder anderen Situation gesagt: „Sie werden mich erst los, wenn das Gebäude in der Zurmaiener Strasse wieder öffnet und zu diesen Worten werde ich auch in Zukunft weiter stehen.
Wir werden weiter auf die Strasse gehen und wir werden den Lautstärkeregler konstant erhöhen. Vielleicht nicht mehr nur vor dem Rathaus. Wir wissen um die zahlreichen verschwundenen Orte, welche immer die Türen für uns öffneten und genau für diese Orte werden wir in Zukunft auch weiter einstehen und kämpfen. Wir werden weiter demonstrieren für eine vielfältiges Miteinander.
Für Gleichberechtigung aller Mitmenschen. Für eine positive Zukunft in Trier.
Um ehrlich zu sein. Ich hab keine Lust mehr auf die Strasse zu gehen
und ich verlange, dass sich hier die Denkweise ändert. Und ich kann mit sehr großer Gewissheit behaupten, dass niemand in Trier darauf Lust hat, wenn wir einen Trauermarsch oder sogar eine Beerdigung für das Exhaus organisieren.
Der Kulturgraben wächst weiter, gedeiht und wir sind nicht mehr aus Trier wegzudenken. Immer mit dem Ziel die schlafende Perle an der Zurmaiener Strasse zu erwecken und mit neuen Leben zu füllen.
Ich bitte alle, die sich dem Exhaus verbunden fühlen. Schließt euch uns an. Werdet Mitglied in unserem noch so jungen Verein. Werdet Mitglied in jedem anderen Verein, der euch wichtig ist und am Herzen liegt. Unterstützt die richtigen Projekte und werdet aktiv.
Das Exhaus lebt.
Das Exhaus bleibt.